lundi 16 septembre 2013

La barbe!


Eigentlich steht Frankreich für kulturelle Avantgarde. In Sachen Gleichberechtigung benehmen sich französische Kulturmacher aber nicht gerade fortschrittlich. Denn Frankreichs Kulturbetrieb ist fest in männlicher Hand. Das zeigt auch ein Bericht des französischen Senats der im Juni erschienen ist. Danach arbeiten insgesamt mehr Frauen als Männer in den öffentlichen Theatern, Konzertsälen oder in Filmproduktionen. Doch in den Chefetagen haben fast nur Männer das Sagen, je nach Gebiet besetzen sie bis zu 98% der Führungsposten. Die Frauenbewegung „La Barbe“ protestiert schon seit Jahren gegen diese Situation. Die Aktivistinnen von „La Barbe“ organisieren Podiumsdiskussionen, verteilen Flugblätter und demonstrieren mit aufgeklebten Bärten an Opern – und Theaterschauplätzen. So auch die Theaterregisseurin Sophie Hutin. "Frauen an führenden Positionen in Kunst und Kultur sind so gut wie unexistent" erklärt Hutin. "Im Theater werden die Chefposten meistens an anerkannte Künstler vergeben. Dabei gibt es genauso viele Künstlerinnen die in Frage kämen, doch sie werden einfach nicht berücksichtigt, sie sind nicht legitim."

Auch Frankreichs Kulturministerin Aurelie Filippetti hat das Problem erkannt. Sie hat die auslaufenden Verträge alteingesessener Theaterintendanten nicht verlängert, um Frauen etwas Platz zu verschaffen. Doch prompt bekam sie heftigen Gegenwind zu spüren. Prominente Schauspieler und auch Filippettis Vorgänger Frederic Mitterand warfen der Ministerin blinden Dogmatismus und kulturpolitische Inkompetenz vor. "Wir waren einer Situation konfrontiert in der 90% der öffentlichen Bühnen von einem Mann geleitet waren" rechtfertigt sich die Ministerin. "Deshalb begrüße ich es, dass sich jetzt auch mehr Frauen für diese Stellen bewerben. Seit Jahresbeginn habe ich 4 Frauen und 4 Männer ernannt - und diese Frauen wurden nur anhand ihrer Kompetenzen ausgewählt". Dabei besteht nicht nur im Theater Handlungsbedarf. In anderen Kulturfeldern sieht es um die Balance zwischen Männer und Frauen in Führungspositionen nicht besser aus. Zum Beispiel haben nur ein Viertel der in Frankreich geförderten Kinofilme eine Regisseurin, und gerade mal 3% der Konzertsäle eine Frau an ihrer Spitze. Diese Ungleichheit spiegelt sich auch in den Programmen der kulturellen Einrichtungen wieder : an öffentlichen Tanz- und Theaterbühnen wurden letztes Jahr gerade mal 15% der Aufführungen von einer Frau inszeniert. Für Sophie Hutin, von der Frauenbewegung „La Barbe“,  können diese Zahlen nicht länger ignoriert werden. "Was mich wundert ist die Unfähigkeit vieler Männer, ihre eigene Allmacht wahrzunehmen. Dabei sprechen wir über liberale Geister, die eher links eingestellt sind, und sich doch sehr konservativ verhalten" analysiert Hutin. "Deshalb ist es wichtig, Zahlen und statistische Beweise auf den Tisch zu legen, damit diese Situation endlich wahrgenommen wird und sich was ändert."

Diese Meinung teilt auch Laurence Equilbey. Die Orchesterdirigentin ist einer der wenigen die es in der französischen Klassik-Szene geschafft hat. Ihr Kammerchor „Accentus“ gewann mehrere Preise, und regelmäßig dirigiert sie große Orchester in Frankreich und im Ausland. "Wer heute glaubt, die Frauen in der Kultur seien gerecht behandelt, irrt sich" stellt die Dirigentin klar. "Die Verhältnisse sind einfach nicht gerecht. Es wäre schön, wenn talentierte Frauen es automatisch nach oben schaffen würden, es funktioniert aber nicht. Ich glaube es führt leider kein weg daran vorbei, vorübergehend eine Quotenpolitik einzuführen, um diese Verhältnisse zu korrigieren". Mit diesem Anliegen haben die Frauen bei Aurelie Filippetti ein offenes Ohr gefunden. Die junge Kulturministerin fordert, dass Frauen in den Auswahlverfahren für Intendanzstellen endlich stärker berücksichtigt werden. Das Ziel ist es, ein Drittel der Chefposten mit Frauen zu besetzten. Auch die Jurys von Literaturpreisen oder Kunststipendien sollen nun mehr Frauen aufstellen. Eine verbindliche Quotenpolitik wie in den Betriebsräten der Wirtschaft ist vorerst aber nicht in Sicht. Dafür wurde zumindest eine Diskussion in Gang gesetzt, über ein Problem dass nicht nur Frankreich betrifft. Womit die französische Kulturszene vielleicht doch ein bisschen zur Avantgarde gehört. 

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